von Andreas Seitz
Bildquelle: The Global Goals (https://www.globalgoals.org/resources/)
In der Unsicherheit und Komplexität der vergangenen Jahre hat sich eine transformative Kraft entwickelt, der sich Organisationen nicht mehr entziehen können. Die Veränderung der Arbeitswelt seit Corona, die schnell wachsende Bedeutung der Nachhaltigkeit durch die SDGs der UNO und die europäische Regulierung sowie die hohe Geschwindigkeit der Technologieentwicklung wirken wie ein Sog, in dem sich Menschen, Teams und Organisationen weiterentwickeln müssen, wenn sie mit dem Wandel Schritt halten und die damit verbundenen Chancen nutzen wollen. Dazu kommt, dass im Fachkräftemangel attraktive Kulturen zu einem strategischen Faktor geworden sind. Denn die nächsten Generationen entscheiden sich für ein Umfeld, in dem sie täglich gerne arbeiten. Die Ballung dieser Themen begegnet uns in der Arbeit mit unseren Kunden. Deshalb hier ein paar Eindrücke, die wir in den vergangenen Monaten gesammelt haben.
> Kultur messen und wissen, wo wir stehen
Zunächst gibt es einen hohen Bedarf, durch die Analyse der Ist-Kultur ein besseres Verständnis für die Richtung des Cultural Change und die dafür wirksamen Maßnahmen zu entwickeln. Messverfahren für Kultur gibt es inzwischen viele - auch onlinebasierte, metrische Erhebungen, durch die sich mit relativ geringem Aufwand die Reibungsverluste erheben lassen, die eine Kultur produziert. Viel wichtiger ist jedoch, aus diesem Status Quo Entwicklungsmaßnahmen abzuleiten. Und das kann nur im Dialog klappen, an dem unterschiedliche Gruppen aus der Organisation teilhaben – vom Management über HR bis zu den internen Initiativen, in denen Mitarbeitende zum Beispiel als Culture Club oder Culture Catalysts den Kulturwandel neben ihrer eigentlichen Funktion vorantreiben. Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass nur durch diesen Dialog ein tragfähiges Commitment für die konsequente Umsetzung der Maßnahmen entsteht. Vor allem auf den Leitungsebenen ganz oben.
> Leadership goes Culture – Führung bestimmt Kultur
Damit sind wir beim nächsten Aspekt: Kulturwandel und Führung. Beides untrennbar miteinander verbunden. Denn Kultur steht und fällt mit der Führung. Es zeigt sich immer wieder: Das Bekenntnis der Führung, auch die eigene Führungskultur weiterzuentwickeln, wirkt wie ein Turbolader auf den Kulturwandel. Welche Maßnahmen dabei Entwicklung tatsächlich in Bewegung setzen, haben uns Entwicklungspsychologen wie Jane Loevinger, Robert Kegan oder Suzanne Cook Greuther ausführlich beschrieben. Hier schließt sich übrigens der Kreis zur Nachhaltigkeit, für die die schwedische Non-Profit-Organisation Inner Development Goals (IDGs) Erkenntnisse der Psychologie in Entwicklungsziele für Führungskräfte übersetzt hat, durch die Nachhaltigkeit als Kernwert in Organisationen überhaupt erst konsequent umgesetzt werden kann.
> In unsicheren Zeiten zählt Psychologische Sicherheit
Die Entwicklung der Führung hat unmittelbare Auswirkungen auf der Teamebene. Dort lässt sich zum einen recht schnell erspüren, welche Stimmung herrscht und mit welcher Haltung und Einstellung Menschen zusammenarbeiten. Zum anderen lässt sich gut ermitteln, welchen Einfluss die Führung auf die Stimmung hat. Dafür reichen wenige Einzelgespräche. Noch wichtiger ist aber der Grad der Psychologischen Sicherheit in Teams, auf die Führungskräfte einen entscheidenden Einfluss haben. Sie bildet das Fundament auf dem Menschen mit eigenen Perspektiven zu Problemlösungen und Innovationen beitragen, ihre Verletzlichkeit zeigen, offen über Fehler sprechen, um daraus zu lernen, oder andere um Hilfe bitten. Und erst dann kommt die Vielfalt zum Tragen, die für die Bewältigung von Komplexität gebraucht wird und für Entlastung sorgt – Sicherheit ist nunmal ein menschliches Grundbedürfnis. Aus der Arbeit mit Teams und Führungskräften haben wir gelernt, dass sich der Grad der Psychologischen Sicherheit ohne großen Aufwand erhöhen lässt. Mit positiven Auswirkungen auf die Lernfähigkeit und Entwicklungsgeschwindigkeit in Teams. Das ist wesentlich mit Blick auf das nächste Thema, das Unternehmen umtreibt: Die Digitalisierung.
> Data Culture – was uns in Zukunft antreibt
Die Zukunft ist datengetrieben. Das wird für uns immer spürbarer. In manchen Unternehmen mehr, in manchen weniger. Wo die Datenkultur bisher aus Pflichtreports und der Nutzung klassischer Office-Programme bestand, wird in Zukunft Kolleg*in Algorithmus neben uns Platz nehmen und eigene Entscheidungen treffen. Das erhöht die Komplexität in Organisationen, zumal sich die Selbstverständlichkeit im Umgang mit Daten sehr unterschiedlich entwickelt. Während er für einen Teil bereits täglich Brot ist und zu agileren Formen der Zusammenarbeit geführt hat, ist er an anderen Stellen Quelle dauerhafter Überforderung. Das nächste Tool-Update reicht dann, um Arbeitsprozesse lahmzulegen und Mitarbeitende zu frustrieren. Die Antwort darauf kann nur eine ausgeprägte Datenkultur sein, in der Menschen beider Lager schnell zusammen und voneinander lernen und mit Weitsicht die nächsten Technologiesprünge vorausplanen. Eine gesunde Data Culture ist aus Unternehmen nicht mehr wegzudenken.
> Auch Nachhaltigkeit ist datengetrieben
Interessanterweise legt hier die Nachhaltigkeit noch eine Schippe drauf. Die EU-Taxonomie – also die datenbasierte Bilanzierung des unternehmerischen Handelns – bedeutet einen grundlegenden Wertewandel in Unternehmen. Wo bisher Quartalsergebnisse und Margen die Dynamik prägten, werden plötzlich fieberhaft Algorithmen entwickelt, die für die zuverlässige Darstellungen zum Beispiel des CO2-Abdrucks sorgen. Kulturentwicklung muss deshalb ab jetzt auch immer die Entwicklung einer starken Datenkultur beinhalten, in der Menschen in Unternehmen einen gemeinsamen Umgang mit der Datenkomplexität und hohen Entwicklungsgeschwindigkeit definieren. Kein Zufall, dass Technologieunternehmen die ersten Mitarbeitenden hatten wie „Data Culture Manager*in“ oder „Head of Data Culture“.
> Menschen machen Kultur – People Culture fördern
Bei all dem stellt sich natürlich die Frage: Was macht das mit den Menschen in Unternehmen? Post-Corona-Studien haben zum Beispiel gezeigt, dass das Gefühl der Zugehörigkeit und des Zusammenhalts durch Homeoffice und Remote work verloren gehen kann - und damit auch die Identifikation mit dem Arbeitgeber. Es braucht hier aber eine spezifische Analyse, warum Mitarbeitende lieber von zuhause arbeiten. Für die einen ist es sicher ein Lebensentwurf – beispielsweise für Programmierer*innen, die für Unternehmen wie Spotify von überall auf der Welt coden können. Wir haben aber auch Fälle erlebt, in denen Menschen vor ihrer Führungskraft, dem Team oder dem ganzen Unternehmen flüchten. Oder aus Kontrollgründen verdonnert werden, ins Office einzurücken. So oder so: Es ist eine der wichtigsten Führungsaufgaben, Stimmungen im Team wahrzunehmen und immer wieder die Frage zu stellen, wie es den Einzelnen im Team geht und wie man gemeinsam – auch mit Hilfe von außen – den Teamspirit hochhält. Und welche Form der Zusammenarbeit letztlich die zielführendste ist.
> Changekompetenz dringend gesucht
Generell ist momentan eine Fähigkeit gefragt, von der wir als Beratung vermutet haben, dass sie inzwischen ausreichend vorhanden ist: Change-Kompetenz. Veränderung gestalten ist sowohl Führungsaufgabe als auch die Fähigkeit der Betroffenen, für sich selbst zu sorgen, um nicht überfordert zu werden oder in dauerhafter Erschöpfung zu landen. Denn nur dann können sie einen aktiven Part im Change übernehmen. Das aus unserer Sicht wirkungsvollste Mittel ist, Change-Prozessen von außen Halt zu geben – etwa durch die Auffrischung von Change-Skills, die Unterstützung von konkreten Change-Anliegen (Beispiel: wie kommuniziere ich die Veränderung ins Unternehmen) oder die angeleitete Reflexion zur persönlichen Bewältigung des Change und zur Resilienzbildung. Diesbezüglich haben wir sehr gute Erfahrungen mit der Anwendung von Methoden und Konzepten aus der Neurobiologie gemacht, die den Menschen einen einfacheren Zugang zur eigenen Change-Betroffenheit bietet.
Wo ihr uns findet
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